WEIHRAUCH : Volksstimme, Oktober 1982

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Von Helmut Zenker

Auch in seinem zweiten Comic- und Cartoon-Band holt sich Karli Berger die Themen, die jeder von uns spürt beziehungsweise zu spüren bekommt: Unternehmerlogik, Arbeitslosigkeit, Medienlügen, Zerstörung der Umwelt, Bürokratie, Opportunismus, Politik der Kirche, persönlicher Frust. (…)

Bergers perfektionierte Methode, täglichen Floskeln und Behauptungen auf den Grund zu gehen, überwiegt in den über hundert Cartoons und Zeichenstrips. So werden tägliche Demagogie, Sozialabbau und Aufrüstungspropaganda bloßgestellt und spötisch kommentiert.

Berger gestaltet seine Typen treffend, ohne unnötige Angst vor Klischees. Der gängige Vorwurf nur Klischees und somit konstruierte Wesen zum Abreagieren zu produzieren, ist ja nicht nur für Zeichner immer öfter zu hören. Bergers Figuren haben auch weiterhin ihre – jetzt schon bekannten – großen Augen. Aber zumindest große Augen machen wir alle, wenn wir merken (müssen), was heute in der österreichischen Wirklichkeit alles möglich, zumutbar oder auch „nicht verbietbar“ ist.

Die Zeichnungen machen betroffen, nicht deprimiert, sie sind politisch, aber nicht hölzern-missionarisch, sie sind eindeutig, aktuell und – was besonders wichtig ist – sehr „tendenziös“. Wohltuend ist auch, dass Berger ohne Kreisky und die vielen „Zeit im Bild“-Wichtigmacher auskommt, er bleibt lieber bei den Leuten, die für gewöhnlich die Konsens- und Sozialpartnerschaftssuppe auszulöffeln haben. Erkennbar als Person ist nur der reisewütige und kußfreudige Papst, der es allerdings bei seiner zweitgenannten Lieblingstätigkeit mit einem Wurm zu tun bekommt.

Die Themen sind in diesem zweiten Band überlegter geordnet. Eingestreut finden sich etliche der „allgemeinen“ Zeichnungen Bergers, wie wir sie vom „Wochenend Panorama“ der Volksstimme“ kennen: skurille, pointierte Situationen, in denen auch oft täglich verwendeter Sprachschatz beim Wort genommen wird. So sind auf der Umschlagseite zwei Sandler unter einer Brücke zu sehen. Einer ist mit Zeitungsblättern zugedeckt, der andere mit einem alten Fernsehapparat. Der zweite meint: „Also ich finde nicht, daß das Fernsehen die Zeitungen ersetzen kann.“ Ich finde, daß Bergers Buch – zumindest für einen Abend – das Fernsehen mit Leichtigkeit ersetzen kann.

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